Dorothea Seror Non Grata  

Non Grata
Die Künstlerin als Objekt

Februar 2010, München
eine Performance über Performance aus der Reihe FLUXUS 3000. Zehn Versuchsanordnungen zur Zukunft der Performancekunst.
Lothringer13/Laden, eine Einrichtung
des Kulturreferats der Landeshauptstadt München

Non Grata II
Mai 2010, Kirschau, Performancefestival grenzart1
> zu Non Grata II

Equipment: Eier, Fisch, faule Tomaten, Schokoküsse, Sahnetörtchen, Spagetti mit Sauce, Kerzen, Schüsseln, Teller, Töpfe, Einmalhandschuhe, ein Tisch, Tischdecke, eine 2 m x 1,4 m große Leinwand, Beleuchtung
Dauer: ca. 40 min.
Konzept + Performance: Dorothea Seror

Photos ©Tom Gonsior



































Seror Non Grata


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Ablauf: Auf einem mit weißem Tischtuch bedeckten Tisch sind verschiedene Lebensmittel wie für ein Buffet aufgebaut. Erst bei näherem Hinsehen kann der Betrachter erkennen, dass die Tomaten bereits verschimmelt, die Schokoküsse eingedrückt und die Sahnehäubchen der Torten zusammengefallen sind. Die Künstlerin betritt den Raum nur mit einem weißen Leibchen bekleidet. Sie positioniert sich vor einer weißen Leinwand. Zwischen ihr und dem Publikum befindet sich das Buffet.

Die Künstlerin steht bewegungslos. Es geschieht so lange nichts, bis der erste Zuschauer ein Törtchen nach ihr wirft. Zögernd und von Mal zu Mal lustvoller beginnen die Zuschauer faule Tomaten, Eier und Schokoküsse zu werfen. Sie begnügen sich nicht mehr mit Aktionen aus der Distanz, die zufällige ästhetische Resultate erzeugen, sondern greifen massiv in das Bild ein, indem sie mit Spagettihaufen den Kopf der Künstlerin dekorieren, ihr Fischfilets auf die Schultern legen und die Nahrungsmittel auf ihr und der Leinwand verschmieren.

Als die willentliche Gestaltung durch die Zuschauer auf dem Höhepunkt ist, entfernt eine Zuschauerin die Künstlerin von der Bildfläche. Diese kommt zurück und beginnt nun selbst mit den verbliebenen Lebensmitteln die Leinwand zu bombardieren, bis alles Material verbraucht ist.

Konzept: In der Performance Non Grata dreht Seror das Verhältnis von Publikum und Performerin um.

Sie stellt sich als Projektionsfläche zur Verfügung, an der die BetrachterInnen ihr Ärgernis und Frustration über die gebotene Kunst abreagieren können. Die Tatsache, dass keine unterhaltsame Aktion geboten wird, regt die BetrachterInnen auf und der Aufforderungscharakter des Materials zur Eigeninitiative an.

Sie haben die Wahl, sich über das Gebotene abzureagieren und selbst zu Gestaltern zu werden. Der ausufernde Umgang mit kunstfremden Materialien wie Lebensmitteln, bzw. organischen Materialien zitiert die Aktionskunst der 70er Jahre. Gleichzeitig entzieht sich die Künstlerin einem derartigen sinnlichen Zugang zum Kunstschaffen, da sie unbeteiligt zu sein scheint und sich ausschließlich als Projektionsfläche zur Verfügung stellt. Auch nehmen die ZuschauerInnen das Angebot an, zum Schutz vor Beschmutzung Einmalhandschuhe zu benutzen. Die Künstlerin hat keinen Einfluss auf das ästhetische Produkt, das die ZuschauerInnen erzeugen.

Sie muss sich, ähnlich wie Marina Abramovic in The Lips of Thomas mit einer durch die Performance entstehende (weniger körperlichen als ästhetischen) Versehrtheit abfinden. Das auf der Leinwand entstandene Zufallsprodukt erinnert ebenso an Jackson Polloks Drip-Paintings wie an Hermann Nitschs Relikte seiner Opferrituale. Die latente Aggression der Zuschauer beim Werfen von Eiern und Tomaten auf die fast unbekleidete, vom roten Tomatensaft bereits tropfende Frau, lassen ahnen, dass massenhysterische Phänomene wie Steinigungen durchaus im Rahmen des menschenmöglichen Handelns liegen.

Verschiedene Szenarien, die diese Performance beenden hätten können, wären denkbar. Die Transformation der gesamten Lebensmittel zu Kunst ist nur eine Möglichkeit.

Seror Non Grata